Entstehung der Wehr



Über die Entstehung und Entwicklung des Feuerlöschwesens in Wessum 

nach Aufzeichnungen des Amtsarchivs Wessum von 1768 an Franz Marpert, Ahaus (aus der Jubiläumszeitschrift von 1974) 

Die Entstehung und Entwicklung des Feuerlöschwesens in der ,,Bürgermeisterey Wessem" ist immer eng mit dem politischen Leben im Dorf und im Kirchspiel Wessum verbunden gewesen. Nach den Wirren der napoleonischen Zeit - hier sei nur der russische Fürst und Oberst Nariskin erwähnt, der im Jahre 1813 bei seinem Durchzug durch die ,,Bürgermeisterey Wessem' eine Kontribution in Höhe von 1361 Gulden binnen 24 Stunden verlangte - konnte sich nach der Zugehörigkeit zu Preußen (1815) das politische Leben im Dorf und im Kirchspiel Wessum, wenn auch anfänglich in allen Bereichen noch bescheiden, allmählich entfalten. Durch Erlasse, Verfügungen und Polizeiverordnungen seitens der preußischen Regierung wurde u.a. auch der Aufbau des Feuerlöschwesens in den Städten und Gemeinden konstruktiv angegangen. Daß es schon im 18. Jahrhundert ,,Feuerlöschgeräthe" im Raum Wessum gegeben haben muß, die bei der Bekämpfung von Schadensfeuern gebraucht wurden, belegen Berichte über die Teilnahme von Wessumer Feuerlöschmannschaften bei Bränden in Wüllen im Jahre 1799 und beim Brand des Bauernhofes Schulze Buschhoff im Jahre 1792. Johann Heinrich Berteling leitete in diesen Jahren als Spritzenführer die Feuerlöschmannschaften in Wessum. Daneben ist eine Rechnung über ,,zwey Scheiben in der Wessumer Brandlaterne über acht Silbergroschen" vom 14. Januar 1816 eine der ältesten Überlieferungen dieser Zeit. Aus dem Jahre 1768 stammt eine Verfügung des Maximilian Friederich Ertzbischofs zu CölIn zur ,,Feuer Societät".


Wenn wir uns im weiteren Verlauf des Berichts vornehmlich auf historische Fakten und technische Daten beschränken, die die Entwicklung des Feuerlöschwesens in Wessum betreffen, so sei es uns beim Bericht über den ,,Brand des Pastorats in Wessum (1852)" sowie bei der Darstellung der Ereignisse während des ,,Brandes der Stadt Ahaus (1 863)" gestattet, auch die lebens- und existenzbedrohliche Situation der Menschen bei Bränden kurz zu beleuchten. Um den Rahmen dieses geschichtlichen Rückblicks nicht zu sprengen, sind wir genötigt, uns auf die Darstellung wesentlicher und bedeutsamer Ereignisse zu beschränken. Wir hoffen aber dennoch, die Entwicklung des Feuerlöschwesens in Wessum vom ,,Feuereimer bis zum Tanklöschfahrzeug" in seinen Anfängen deutlich machen zu können.

Am 1. April 1822 standen dem Dorf Wessum neben anderen Löschgeräten schon zwei Spritzen (Druckspritzen für Handbedienung) zur Bekämpfung von Haus- und Flächenbränden zur Verfügung. Dies geht aus einer vom damaligen Bürgermeister Greving verfaßten Namensliste für zwei Löschmannschaften in Wessum hervor. In diesem ,,Verzeichniß der zur Bedienung der Feuer-Lösch-Geräthschaften in dem Dorfe Wessum in Vorschlag gebrachten Individuen" sind je eine Mannschaft für Spritze 1 und Spritze II aufgestellt worden. Zur Spritze 1 zählten 1822 beispielsweise als Pumpenmeister Everhard Terhalle, als Stellvertreter Georg und Josef Terhalle, die ,Direktion des Wasserrohrs" hatten Hermann Föcking, Engelbert Mensing und Hermann Hesseling inne. Ihnen schlossen sich 2 Mannschaften zu je 12 Mann als ,,Pumper" an. Ferner zählte zur Spritze 1 das Kommando ,,Zu den Leitern" mit 6 Mann Besetzung inklusive Reserve. ,,Zur Wache bey den geretteten Stücken" gehörten 8 Personen, die ,,Patrouille" umfaßte ebenfalls 6 Männer. Mit den ,,Feuersignalen" waren beauftragt 1822: 

 1. der Küster mit Läuten 

 2. der Schullehrer 

 3. der Polizeydiener 

 4. J. G. Gebker durch Trommeln als Tambour.


Insgesamt zählten somit zu einer Spritze 60 Personen. Diese Aufstellung der Mannschaften zu den Spritzen 1 und II in Wessum wurde 1822 von dem amtierenden landräthlichen Commissarius Mersmann, Ahaus, veranlaßt und überprüft.

Ebenfalls auf Veranlassung des Landrats Mersmann wurde in den Jahren 1821/22 die Renovierung des Wessumer Brandspritzenhauses in der Nähe der Kirche durch­geführt. Nach einer Besichtigung des Brandspritzenhauses in Wessum am Nachmittag des 6. Juli 1821 schrieb Mersmann an die Bürgermeisterey Wessum u.a.: es ist mir unbegreiflich, wie die Polizeibehörde in Wessum den Zustand des Brandspritzenhauses gleichgültig ansehen kann. Auf der Westseite ist das Fundament ganz verschwunden, die Seitenwand im Osten ist durchbrochen, das Dach läßt überall Regen durch." Der Kostenanschlag für die im folgenden Jahr aus­geführten Renovierungs- und lnstandsetzungsarbeiten belief sich auf 35 Reichsthaler und 11 Silbergroschen.

In den darauffolgenden Jahren wurden die durch Polizeiverordnungen vorgeschriebenen Übungen der Löschmannschaften in Wessum jeweils in den Monaten April und September nach dem Sonntagsgottesdienst durchgeführt. Bürgermeister Büning wies durch ein Publicandum nach dem Sonntagsgotlesdienst auf den Übungsbeginn hin. Auch wurde auf diese Weise zu den öffentlichen Versammlungen eingeladen, um jeweils für drei Jahre ,,die kleinen Reparaturen und das Einfetten des Lederzeugs mit gutem Thran an den Wenigstfordernden" zu verdingen. In einer am 11. Januar 1829 stattgefundenen öffentlichen Versammlung erklärte sich endlich Bernhard Heinrich Benölken bereit, beide Spritzen mit den dazugehörigen ,,Lederschläuchen" für die seitherige Vergütung von 3 Reichsthalern und 10 Silbergroschen jährlich zu unterhalten.

Ein großes technisches Problem war im allgemeinen im 19. Jahrhundert das Heranschaffen des Wassers zur Brandstelle. Bei den beiden Druckspritzen, die in Wessum eingesetzt wurden, mußte das Wasser oben eingefüllt werden. Es fehlte aber erfahrungsgemäß meist gleich zu Anfang an der Brandstätte an Löschwasser, um die Druckpumpen in Betrieb zu setzen. Aus diesem Grunde wurden große hölzerne Wasserkübel, die mit einem Deckel und einem Schloß versehen waren, angeschafft, um einen schnelleren Transport des Löschwassers zur Brandstelle zu sichern. Diese Wasserkübel wurden an verschiedenen Stellen des Ortes auf Schlitten aufgestellt. Wegen der Frostgefahr wurden sie im Winter bei Bauern untergebracht. Um einen Einblick in den Stand der damaligen technischen Ausrüstung zu bekommen, sei hier eine Liste über die im Jahre 1820 in Wessum vorhandenen Feuerlöschgeräte angefügt: ,,2 Brandspritzen Nr. l und Nr.11, 2 Hanfschläuche mit messingen Mundstücken (Spritzen), 8 hölzerne Pumpenstöcke, 3 Becken zum Transportieren, 2 eiserne Schraubenschlüssel, 2 Hanfriemen (oder Seile), 3 Bindestricke (oder Stränge), 2 große Laternen, 1 Flasche mit Spiritus, 36 lederne Eimer, 1 Handspritze, 1 großes Wasserfaß mit Deckelschloß und Schlüssel, 1 Wassergießer von Blech, 1 kleines Wasserfaß, 1 Trommel mit Stöcken, 6 Eishaken - einer ist ohne Stiel, 2 hölzerne Gestelle, woran Hanfschlaufen zum Wasserverschieben in die Pumpen befestigt sind, 1 hölzerner Eimer, 2 Brandleitern, 1 hölzerner Wassergießer. Inwieweit mit diesem Gerät der Erfolg einer schnellen Brandbekämpfung neben anderen Unzulänglichkeiten gesichert war, braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden.

Aufgrund der einfachen Feuerlöschgeräte, des schwierigen Transportes über unausgebaute Sandwege in die Bauerschaften Averesch und Graes oder in die Nachbargemeinden und aufgrund der Hauptbaumaterialien ,,Holz und Stroh' beim Hausbau stellte sich die Aufgabe der Brandbekämpfung als eine der schwierigsten und zugleich schicksalhaftesten Ereignisse dar. Aufzeichnungen über Brandverhandlungen von Schadensfeuern im Dorf und Kirchspiel Wessum lassen diese schwierigen Umstände immer wieder deutlich werden. Ein Beispiel für diese widrigen Verhältnisse in der Brandbekämpfung war auch das Schadensfeuer auf dem Hof des Zellers Hiller, Graes, im Jahre 1827. Am 5. September brannte das Hofgebäude des Zellers völlig nieder. Dem Bericht zufolge breitete sich das Feuer mit reißender Geschwindigkeit über das mit einem Strohdach versehende Gebäude aus, daß nichts gerettet werden konnte. Die Schadenssache Hiller, Graes, ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, da der damalige Bürgermeister Büning von Wessum einen Antrag auf Gewährung einer ,,Prämie für die zum Brande Hiller herbeigeführte Spritze des Dorfes Wessum ad 5 Reichsthaler" stellte. Bedingt durch die Außenlage der Bauernschaft Graes und ihre Zugehörigkeit zum Kirchspiel Wessum wurde die durch eine Verordnung vom 21. April 1818 zugesicherte Prämie von der Regierung nicht ausgezahlt. Hierüber entwickelte sich mit der landrätlichen Behörde in Ahaus und mit der Königlichen Regierung Münster ein heftiger Streit. Da die Spritze von Wessum außerhalb des Dorfes im Einsatz gewesen sei, so argumentierte Büning, habe das Dorf Wessum ein Anrecht auf diese Prämie. Ob die Prämie je ausgezahlt wurde, konnte nicht festgestellt werden.

Die polizeilichen Branduntersuchungen, die vom Landrat oder Bürgermeister vorgenommen wurden, wiesen fast immer auf die Einlagerung leicht entzündlichen Brennmaterials (Holz und Torf) und auf die gelagerten Erntevorräte als Brandursache in den Häusern hin. Hierbei spielte gerade der Torf im Raum Graes und Wessum eine bedeutende Rolle. Aus diesem Grunde erging im Jahre 1833 über die landrätliche Behörde an die Bewohner der Bauerschaften Graes, Averesch und die Bewohner von Wessum eine Verfügung über die ,,Einlagerung von Torf zur Verhütung von Bränden".

Im Jahr 1852 brannte in Wessum unweit der Kirche das Pastorat nieder. Zur Brandbekämpfung war von den Nachbargemeinden die Spritze der Stadt Ottenstein erschienen. Der Eilbote Herbers, Wessum, der zur Meldung nach Ottenstein ausgeritten war, hatte zusammen mit den Fuhrleuten Hermann Kötting und Johann Osterhues die Ottensteiner Spritze eilends nach Wessum gefahren. Die Ottensteiner Löschmannschaft hat, wie der amtierende Bürgermeister von Ottenstein zu berichten wußte, vorzüglich beim Brand des Pastorats mitgewirkt. Bei den Löscharbeiten kam der Ottensteiner Löschmannschaft ein Ledereimer (Löscheimer) abhanden. Der Schaden wurde aktenkundig gemacht, und Bürgermeister Terhalle (Ottenstein) forderte Amtmann von Martels (Haus Horst) auf, den Schaden zu ersetzen. Der Ledereimer fand sich aber bei anschließenden Aufräumungsarbeiten in dem Wassergraben neben dem abgebrannten Pastorat wieder. Der wiedergefundene ,,Feuer-Eimer" wurde von Polizeidiener Fortkamp nach Ottenstein zurückgebracht.

Der Erfolg von Brandbekämpfungen war im 19. Jahrhundert vornehmlich von dem tatkräftigen Einsatz eines jeden Mannes in der Feuerlöschmannschaft abhängig. Welche Anstrengungen und Mühen es die Männer in den einzelnen Abteilungen der Mannschaft kostete, zeigen die Berichte über den ,,großen Brand der Stadt Ahaus am 13. Oktober 1863". Da u.a. auch die Wessumer Spritzen zur Mithilfe gekommen waren, schrieb der Bürgermeister Kappelhoff an seinen Amtmann von Martels (Haus Horst):

,,Ich ersuche Sie, dem Engelbert Bertling und Wilhelm Meyer dafür eine gute Bezahlung für Bereitwilligkeit, Mühe und Anstrengung, die sie beim Gewahrwerden des Ahauser Brandes zu Tage legten, zukommen zu lassen. Durch Driever, der den Brand zuerst bemerkte, wurde der Polizeidiener (Terhörst) geweckt, dieser weckte mich (Kappelhoff, Bürgermeister) und den Küster, welcher, den Turm besteigend, sehen konnte, ob wirklich Brand sei, hierauf wurde ein Bote an Sie gesandt (von Martels), der Nachtwächter mußte mit seinem Horn Alarm blasen um schleunige Versammlung der Dorfbewohner am Spritzenhaus. Es wurde auch Brüning zum Spritzenfahren gesucht, dieser kam nicht, augenblicklich hatten Bertling und Meyer ihre Pferde geholt, und gleich gings trabend mit der Spritze nach Ahaus. L'empressement des Polizeidieners muß lobend anerkannt werden, denn er war fast überall, wo er glaubte, nützlich zu sein. Auch muß Josef Epping erwähnt werden, der mit seinem Pferde ankam, als wir mit der Spritze wegtraben wollten, kurz, alles beeilte sich, unserer Nachbarstadt zu helfen. Nach gelöschtem Brande ist Spritze mit Zubehör von genannten Fuhrleuten ohne bis jetzt faßbaren Schaden zurückgebracht."